Mitten im idyllischen Stadtpark von Dinkelsbühl steht seit 2022 eine bronzene Statue, die eine ganz besondere Geschichte erzählt: die der Kinderlore. Wer vor dem Denkmal steht, blickt in das entschlossene, zugleich kindlich-sanfte Gesicht eines Mädchens, das für viele zur Symbolfigur von Mut, Mitgefühl und friedlichem Widerstand geworden ist. Die Kinderlore-Statue erinnert nicht nur an eine legendäre Begebenheit aus dem Dreißigjährigen Krieg, sondern auch an ein traditionsreiches Heimatfest, das bis heute tief in der Kultur der Stadt Dinkelsbühl verankert ist.
Die Geschichte der Kinderlore beruht auf einer örtlichen Legende, die sich im Jahr 1632 während des Dreißigjährigen Krieges zugetragen haben soll: Damals stand Dinkelsbühl kurz vor der Einnahme durch schwedische Truppen. In einer Zeit, in der die Bewohner ihre Hoffnung beinahe verloren hatten, war es ein junges Mädchen – Lore, die Tochter des Turmwächters –, das mit einer ungewöhnlichen und mutigen Tat die Stadt vor der Plünderung rettete. Furchtlos stellte sich Lore mit einer Gruppe von Kindern den anrückenden Soldaten entgegen. Sie sprach direkt den Heerführer der anrückenden Truppe, den gefürchteten schwedischen Oberst Sperreuth an und stellte ihm die einfache, aber kraftvolle Frage: »Willst du uns Leid antun?« Der Überlieferung zufolge rührte der Anblick der Kinder das Herz des Kommandeurs so sehr, dass er auf einen Angriff verzichtete und Dinkelsbühl verschont blieb. Ob Legende oder historische Tatsache – die Geschichte der Kinderlore wurde zum Mittelpunkt eines einzigartigen Heimatfestes, das seit dem 19. Jahrhundert gefeiert wird.
Besonders bedeutungsvoll war das Fest, weil es katholische und protestantische Kinder der Stadt zusammenbrachte. Ursprünglich feierten die Schulkinder ihren Abschluss getrennt nach Konfessionen. Doch mit dem gemeinsamen Festumzug wurde ein Zeichen gesetzt – für Versöhnung, Zusammenhalt und ein friedliches Miteinander. Im Laufe der Jahre entwickelte sich die Kinderzeche zu einem wichtigen Bestandteil des städtischen Lebens. Eltern, Großeltern und ganze Familien beteiligten sich, und so hallte der Ruf der Kinderlore bald weit über die Stadtgrenzen hinaus. Noch heute wird die mutige Lore jährlich im historischen Festspiel der »Kinderzeche« geehrt – eine lebendige Erinnerung an Zivilcourage, Empathie und den Mut der Jugend.
Zum Anlass des 125-jährigen Festspieljubiläums im Jahr 2022 erinnert eine rund 200 Kilogramm schwere Bronzestatue im Stadtpark von Dinkelsbühl dauerhaft an die Kinderlore. Das Errichtung des eindrucksvollen Kunstwerkes wurde durch die LAG Region an der Romantischen Straße e. V. finanziell unterstützt. Die Skulptur der Retterin der Stadt ist nicht nur ein Denkmal, sondern ein Symbol: für die Kraft kindlichen Mutes, die Bedeutung friedlicher Lösungen – und für eine Geschichte, die Generationen bewegt hat. Wer die Kinderlore-Statue betrachtet, sieht mehr als ein Kunstwerk – er begegnet dem Herzen einer Stadt, die den Wert von Mitgefühl nie vergessen hat.
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