Berlin verlassen und zurück aufs Land nach Diebach ziehen? Bis vor einigen Jahren war für Carmen Hofacker diese Vorstellung ausgeschlossen. Die erfolgreiche Musikerin hatte sich in ihrer Wahlheimat einen Namen aufgebaut und alles was sie zum Leben brauchte. „Berlin verlasse ich wenn dann nur für eine noch größere Stadt im Ausland“, dachte sie. Doch irgendwann war er da, der Wunsch in Diebach zu sein und zu bleiben. Heute lebt Carmen wieder zusammen mit ihrem Mann und ihrem Sohn in ihrem Elternhaus. Was hat sie zu diesem Schritt bewogen?
Dramatisch, dynamisch und gefühlsintensiv - ihre Stimme geht unter die Haut: Die sympatische Sängerin und Songwriterin aus Diebach entdeckte schon früh ihre Liebe zur Musik.
Fotocredit: Carmen Hofacker © Katrin Krauthahn Fotografie
In Diebach aufgewachsen machte Carmen ihren Eltern zuliebe zunächst eine bodenständige Ausbildung zur Industriekauffrau und sammelte nebenberuflich als Sängerin der Coverrockband „Remainder“ erste Bühnenerfahrung bei Auftritten in der Region an der Romantischen Straße. Ihr Wunsch hauptberuflich Musik zu machen, sorgte schließlich dafür, 2003 in die Hauptstadt zu ziehen und zunächst als Mitglied des Akustikduos „SWiM“ und später ab 2011 unter dem Künstlernamen „Carmen Underwater“ aktiv zu sein.
Im Jahr 2017 dann die Kehrtwende: der Job ihres Mannes Daniel war ausgelaufen und das Nachbarhaus wurde kernsaniert. Familie Hofacker/Rieth saß in der Wohnung in Berlin, Mauer an Mauer mit dem Presslufthammer, jeden Tag. Außerdem hatten sich die Zeiten durch ihren Nachwuchs geändert: Mit Kind genießt man die vielen Möglichkeiten der Stadt nicht mehr so wie früher, geht nicht mehr schnell runter in die Kneipe um die Ecke um Freunde zu treffen oder neue Menschen im Kiez kennenzulernen. Die junge Familie beginnt immer häufiger auch die negativen Seiten des Stadtlebens zu sehen: : Die einzige schnelle Möglichkeit in die Natur existiert im Stadtpark. Auf dem Weg dorthin sitzt der Nachwuchs im Kinderwagen, genau auf Abgashöhe, der Buggy rollt vorbei an Dreck und Hundekot. Das Verkehrsaufkommen und der stets präsente Lärm machten das Leben, trotz der wunderschönen Berliner Altstadtwohnung, nicht angenehmer.
Zufällig sah Carmen eine Dokumentation im Fernsehen, die von einem Paar handelte, das mit einem umgebauten Schulbus durch die USA reiste. „Genau das ist es,“ dachte sich Carmen, überzeugte ihren Mann von ihren Plänen und gemeinsam löste die Familie ihr Leben in Berlin auf. Die persönlichen Dinge mit emotionaler Verbindung stellten sie zwischenzeitlich bei Carmens Eltern in Diebach unter und reisten anschließend eineinhalb Jahre durch ganz Europa, Australien und Neuseeland. Unterwegs gab die Musikerin an die 100 Konzerte, spielte bei Hauskonzerten, auf Campingplätzen und verschiedensten Veranstaltungen. Rückblickend sagt sie, war es eine spannende und interessante Zeit mit vielen neuen Erfahrungen, aber auch anstrengend.
Nach der Rückkehr nach Deutschland macht die Familie einen "Zwischenstopp" bei ihren Eltern in der Region an der Romantischen Straße, um anzukommen, auszuruhen und zu überlegen, wie es nun weiter gehen soll. Das Reisen und die vielen Eindrücke hatten ein tiefes Gefühl von Erschöpfung bei Carmen hinterlassen, sie beschloss zu bleiben. Da für ihren Mann Daniel die berufliche Perspektive auf dem Land vorerst nicht ersichtlich war, wurde den Städten Würzburg und Nürnberg ein Besuch abgestattet. Schöne Städte, aber nirgendwo blieb das Herz der Familie hängen. "Nirgendwo habe ich gesagt, hier fühle ich mich so richtig zu Hause. Nein, das war nur hier.“ Für Carmen war damit die Entscheidung in Diebach zu bleiben, gefallen: „Ich habe gesagt, ich gehe hier nicht mehr weiter.“ Carmens Mann Daniel kämpft zunächst mit der Entscheidung seiner Frau, geht aber letztendlich doch ihren Weg mit.
Für die Familie sind zunächst noch viele Fragen offen: „Wie können wir hier beruflich Fuß fassen? Wie finden wir Gleichgesinnte und sozialen Anschluss? Wo bekommen wir auf dem Land faire Bioprodukte?" Ihre positive Grundeinstellung half der Familie beim Fußfassen in Carmens alter Heimat:: „Alles ist möglich, wenn man etwas will. Der Weg zurück in die Heimat bietet andere Möglichkeiten. Es wird ein anderes Leben, aber es wird genauso großartig. Man muss einfach bereit sein, zu sagen, ich probier das jetzt aus."
Carmen und ihr Mann trauen sich: Natürlich ist der Markt ein anderer, doch beide konnten all ihr Know-how in die Region bringen. Carmen gründet 2018 die Musikschule MiniMusikanten. Frühmusikalische Bildung für Kinder von 1-4 auf Deutsch und Englisch. Hier brauchte es vor Ort neue Ideen und Strukturen, sowie ein neues Netzwerk. Mittlerweile veröffentlicht sie eigene Kindermusik und hat ihr Unternehmen in die Online-Welt erweitert. Außerdem geht die Sängerin weiter auf Konzerttournee, schreibt und produziert mit ihrem Produzenten und Gitarristen Stefan Hennig neue Musik und bereist mit ihrer Familie von Zeit zu Zeit die Welt. „Eine gewisse Standfestigkeit ist wichtig. Ein Zuhause von dem aus ich jederzeit wieder raus in die Welt kann.“ Genau das hat Carmen in Diebach gefunden.
Für Carmen ist neben der Nähe zur Natur, auch die Nähe zu ihren Eltern "Oma und Opa" ein riesiger Vorteil im Vergleich zu ihrem alten Leben in Berlin. Die Beiden helfen bei der Kinderbetreuung, springen ein wenn mal Not am Mann ist. Ein großes Plus für die persönliche Freiheit. „Wir haben vielen Freunde in Berlin, die genau das nicht haben und so Probleme haben, ihren Alltag zu managen“ berichtet Carmen Hofacker.
Als Veganerin hat Carmen auch für das eigentlich paradoxe Problem, auf dem Land hochwertige und preiswerte Bioprodukte einkaufen zu können, eine Lösung gefunden. „Es gibt hier großartige Bioangebote, die sogar nach Hause geliefert werden. Man muss es halt mitbekommen. Sozialer Anschluss hilft auch hier, das Angebot zu finden.“ Genau dieser soziale Anschluss bereitete Carmen und vor allem Daniel zu Beginn ihrer Zeit in Diebach die größten Probleme. Wieder anzuknüpfen bei den Freundschaften aus der Kindheit war schwierig, da sich alle in unterschiedliche Richtungen weiterentwickelt haben und das rege Vereinsleben vor Ort war einfach nicht ihr Ding. Inzwischen hat die Familie sowohl beruflich als auch sozial Fuß gefasst und ihre Entscheidung, diesen Lebensabschnitt in Diebach zu verbringen, bis jetzt nicht bereut.
Die anfänglichen Schwierigkeiten Menschen in der Region zu finden, die genauso "ticken", inspirierten ihren Mann Daniel zu seinem Projekt "Träumen & Machen", bei dem er Menschen und Projekte zusammenbringt, Netzwerke schafft und so dabei hilft, Träume zu verwirklichen. Wie es Daniel geschafft hat, in der Region anzukommen und Anschluss zu finden, erzählen wir euch schon bald in seiner ganz eigenen Erfolgsstory.
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